Alles, was Recht ist

Was tut ein Pfarrer, wenn er Langeweile hat? Henner Eurich schreibt ein KirchenKlavierKabarett und erfreut Schäfchen und Nichtschäfchen gleichermaßen. Voll besetzt war die Altenburger Schlosskirche am Donnerstagabend, als der „vielleicht musikalischste und witzigste Pfarrer der Propstei Oberhessen“ in die Tasten haute und vor’s Mikrofon trat, um sowohl die Lachmuskeln seiner Gäste zu strapazieren als auch den einen oder anderen ernsthaften Impuls unterzubringen.

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„Oberhessisches KirchenKlavierKabarett“mit Henner Eurich

„Alles, was Recht ist“, heißt sein erstes Programm. Worum es da geht, und warum man es keinesfalls verpassen sollte, das erzählt der „halbe“ Gemeindepfarrer aus Heidelbach im ganz persönlichen Gespräch. „Ohne Humor geht es nicht!“ – auf diesen einfachen Nenner bringt es der Gottesmann, der gleichzeitig weiß, wie schwer das mit dem Lachen in schwierigen Situationen ist. Dennoch ist er überzeugt davon, dass es fast immer gelingen kann, einen positiven, wohlwollenden Blick auf Dinge, Umstände oder Menschen zu werfen, die einem das Leben gerade schwer machen: „Über etwas zu lachen, schafft eine gesunde Distanz zu einem Thema und verbindet gleichzeitig die Menschen. Lachen ist etwas Besonderes, etwas Wunderbares – ganz sicher hat Gott uns diese Fähigkeit nicht gegeben, damit wir sie ungenutzt lassen.“ Und so macht sich Henner Eurich jetzt also auf eine ziemlich gutgelaunte Mission.

In seinem ersten Kirchenkabarett hat er sich das Kirchenrecht vorgenommen. Das ist in weiten Teilen nicht nur viel älter als das Bürgerliche oder das Strafrecht, es ist sogar noch ein bisschen verschwurbelter und sorgt auch bei Geistlichen nicht selten für mitunter heftiges Kopfschütteln.

„Als ich so durch den Gesetzestext blätterte, wurde mir endlich klar, warum wir beispielsweise den Kollekteneingang auf den Pfennig, oder besser gesagt, den Cent genau bekanntgeben müssen: Es steht im Gesetz! Gar nicht auszudenken, wenn man das jetzt mal weglassen würde. Da steht man als Pfarrer schon fast mit einem Bein im Knast“, ereifert sich Kabarettist. Genauso wie man peinlich genau die Temperatur in den Kirchen niedrig halten muss, damit das dort befindliche Kulturgut jedweder Art nicht durch übermäßige Wärme Schaden nimmt. Und wenn die Kirche sagt, niedrig, dann meint sie auch niedrig: Über 15 Grad sollte die Temperatur im Gotteshaus nicht steigen. „Beim lieben Gott musst Du Dich warm anziehen,“ rät der Pfarrer, der auch aus anderen geistlichen Nähkästchen plaudert. So widmet er sich der Frage, ob ein „halber“ Pfarrer wie er eigentlich auch was taugt, und wie man ein Taufgespräch mit jungen Familien führt, die – um es mal vorsichtig auszudrücken – eher kirchenfern sind und in erster Linie eine schöne Feier wollen. „In solchen Fällen ist dann schon eine Art Basisaufklärung nötig,“ lacht der Pfarrer, und man merkt, dass er nicht weniges von dem, was er hier kabarettistisch aufbereitet hat, selbst erlebt hat.

Die Musik ist dem „pianistischen Autodidakt mit Ordinationshintergrund“ genauso wichtig wie die Texte, und er hat es immerhin zum Keyboarder in der Band von Clemens Bittlinger geschafft. Durch eigene Lieder und Musikstücke gibt der Pfarrer seinem Programm einen ganz besonderen Charakter. Und manchem tut es gut, wenn er sich vom Lachen mal zwischendurch bei etwas Musik erholen kann.

Eurich spricht immer noch gerne den Dialekt seines Heimatortes Stockhausen, und er hat seiner Heimat und der Erinnerung an sie mit dem Blues „Ich muss die Gass‘ kehr‘n“ ein musikalisches Denkmal gesetzt – sicher nicht das letzte, denn „der Vogelsberg ist einfach schön.“ Er ist überzeugt, dass Humor und Ernsthaftigkeit sich nicht ausschließen, sondern zusammengehören. Mit Humor könne man Dinge hinterfragen und kritisieren. „Als Protestant ist man ja der ständigen Reformation verpflichtet,“ lacht der Pfarrer, wendet sich seinem Tablet zu und notiert eine neue Idee, die wahrscheinlich bald in einem neuen Programm ihren Niederschlag findet

Datum: 26. September, 20 Uhr
Ort: Evangelische Schlosskirche, Am Schlossberg, Altenburg
Veranstalter: Alsfelder Kulturtage e.V.