
„Spielleute auf Reisen“ – Europäische Musik des Mittelalters und der Renaissance
So 7.9., 15 Uhr, Dreifaltigkeitskirche
Die Spielleute aus der Barockstadt Fulda sind ein farbenfrohes Musik-Ensemble bestehend aus Streichern, Bläsern, Harfenistin und Sängerinnen. Seit mehr als 20 Jahren pflegen sie die Musik des Mittelalters und der Renaissance.
Ihre Musik hat ihren ganz eigenen Zauber. Sie umfasst tragische Balladen, Liebeslieder, fröhliche Tanzweisen genauso wie feierliche Musik.
Es erklingen höfische Allemanden, Branles ebenso wie italienische Weisen und bäuerliche Springtänze – für Musikliebhaber bestens geeignet zur kurzweiligen Unterhaltung, zum Genießen und Träumen.
Mitwirkende:
- Anne Reumann – Violine
- Brigitte Aha – Violine
- Heidrun Oswald – Blocklöten, Chalumeau
- Cornelia Kunick – Harfe
- Nancy Föllmer – Violoncello
- Ilona Kochanski – Oboe
- Eva Meyer – Blockflöten
- Ute Lange – Blockflöten
- Anita Wolf – Subbassblockflöte
Zum Programm:
Feurige Melodeien aus Italien, Frankreich, England und Deutschland sowie fröhliche Weisen wie „Tourdion“, ein Trinklied aus Frankreich, sollen Eure Ohren beglücken. Höfische Branles aus Frankreich und Allemanden aus Deutschland erklingen neben der Musik der einfachen Leute wie „Schiarazula“ aus Italien.
Die Spielleute haben Musik aus vielerlei Ländern Europas für Euch mitgebracht. Lauschet ihrer Musik, ob gezupft, gestrichen, geblasen oder gesungen. Manche Melodei wird euch vielleicht bekannt vorkommen, andere wiederum recht fremdartig erscheinen.
Die Titel:
Schiarazula
Die Schiarazula ist ein mittelalterlicher Reigentanz, dessen Ursprünge im Italien des 14./15. Jahrhunderts liegen. Er erfreute sich meist im ländlichen Raum großer Beliebtheit. Da die Schiarazula keine derben Figuren enthält und ihre Tanzweise noch recht elegant anmutet, war sie gelegentlich auch auf höfischen Bällen zu finden. Sie wird auf einen Vierertakt getanzt und ist ziemlich einfach, wobei die Musik im Laufe des Tanzes meist schneller wird.
Dours Catastrophe
Von zahlreichen Musikstücken kennt man den Komponisten nicht. John Playford (* 1623 in Norwich; † 1687 in London) war ein englischer Musikverleger, der eine große Sammlung von Tänzen herausgab. So auch „Dours Catatrophe“ die folgenden drei Titel.
Dours ist ein französisches Dorf am nördlichen Rand der Pyrenäen, das es mindestens seit dem 13. Jahrhundert gibt und in dem es im Mittelalter auch eine Burg gab.
Madge on a tree
Hier geht es um ein Mädchen namens Madge – Koseform von Margaret -, das auf einem Baum sitzt.
Maiden Lane
zu Deutsch „Jungferngasse“. So benannt wurde eine Gasse, in der noch unverheiratete Frauen wohnten.
In Wieseck bei Giessen gibt es eine „Jungfernstraße“. Sie ist so benannt, weil im Jahre 1180 die Jungfer Jutta von Gleiberg hier Zuflucht fand.
Goddesses
Die polytheistischen Religionen ehren neben Göttern auch viele Göttinnen (Goddesses), die als Göttin der Schönheit, der Liebe, der Fruchtbarkeit, der Mutterschaft, der Häuslichkeit, und der Kreativität verehrt wurden. Aber Göttinnen wurden auch mit Magie, Krieg, Jagd, Landwirtschaft, Weisheit, Schicksal, Erde, Himmel, und Gerechtigkeit in Verbindung gebracht.
Mit Lieb bin ich umfangen
Wie der Titel schon ausdrückt, handelt es sich um ein Liebeslied. Komponiert hat es Johann Steuerlein (auch Johann Steurlein ), der am 5. Juli 1546 in Schmalkalden geboren und am 5. Mai 1613 in Meiningen verstorben ist. Er war ein deutscher evangelischer Kirchenlieddichter und Komponist sowie Stadtschultheiß (Bürgermeister) in Meiningen.
Allemande und Tripla 2
Die Allemande ist ein Tanz aus der Renaissance. Der Name „Allemande“ leitet sich vom französischen Namen für Deutschland ab. Sie entstand im 16. Jahrhundert als ein Tanz im Zweiertakt mit gemäßigtem Tempo, der bereits als sehr alt galt. Wie es scheint, stammt sie von einem deutschen Tanz ab. Allerdings gibt es weder einen identifizierbaren Tanz noch deutsche Tanzanweisungen aus dieser Zeit erhalten.
Ein französischer Tanzmeister aus dem 16. Jahrhundert bewahrte daher die ersten Aufzeichnungen der Allemande, bei der Tänzer eine Reihe von Paaren bildeten, sich an den Händen fassten und durch den Raum schritten, wobei sie drei Schritte machten und dann auf einem Bein balancierten. Bei den meisten Allemande ist die letzte Wiederholung schneller als der normale Tanz. Dieser Tripla genannte Nachtanz hat einen Dreiertakt und wird auf die unterschiedlichsten Arten getanzt, meist jedoch wie die normale Allemande nur eben flotter.
The merry Milkmaids
Hier handelt es sich um eine englische Country-Tanzmelodie, die im 6/4-Takt steht. Diese Melodie, die der englische Musikautor William Chappell (1849) für eine Country-Tanzmelodie aus der Zeit um 1600 oder früher hält, wurde von John Playford in seinem Werk „English Dancing Master (1650) veröffentlicht.
What if I never speed
„What If I Never Speed“ war ursprünglich ein weltliches Madrigal von John Dowland (geb. 1563, gest. 1626). Der Text befasst sich mit den Sorgen und Freuden der Liebe. Ein besonderer Moment des Liedes ist, wenn die Gesangsstimmen gegen Ende der Strophen abwechselnd „come, come, come“ singen. Diese geschickte Wiederholung des Wortes „come“ hebt die Bedeutung des Wortes und die Sehnsucht des Sängers nach der geliebten Person hervor.
La Mantovana
La Mantovana ist ein populäres Lied aus dem 16. Jahrhundert, das dem italienischen Sänger und Komponisten Giuseppe Cenci, auch bekannt als Giuseppino (gest. 1616), zugeschrieben wird. Zu seinen Werken gehört u. a. die Canzonetta „Fuggi, fuggi, fuggi da questo cielo“, die später unter dem Titel La Mantovana bekannt wurde und mit ihrem markanten Tonleiter-Motiv als Vorbild für viele europäische Lieder diente. Sie gilt auch als Vorbild für die israelische Nationalhymne haTikwa und das Hauptmotiv von Bedřich Smetanas Moldau.
Hole in the wall
„Hole in the wall“ ist ein einfacher country dance aus dem 17. Jahrhundert.
Die Melodie wurde 1695 vom englischen Komponisten Henry Purcell (1659-1695) als „Hornpipe Nr. 8“ aus der Bühnenmusik zu seiner Suite „Abdelazar“ oder „Die Rache des Mauren“ komponiert.
Der Tanz „Hole in the Wall“ war so angelegt, dass sich im Verlauf des Tanzes ein Paar teilt und das andere Paar durch das „Loch in der Wand“ geht.
Das „Hole-in-the-Wall“ ist ein großer, außergewöhnlicher natürlicher Bogen in einer Felswand. Dieses „Loch“ wurde von den Wellen des Meeres in eine Wand aus Sandstein und Schiefer gebohrt. Es liegt an der Mündung des Mpako-Flusses an der Wild Coast Region im Ostkap in Südafrika .
Einer Legende zufolge verliebte sich eine schöne Jungfrau, die in einem Dorf an der Küste einer Lagune lebte, welche durch eine steile Klippe vom Meer getrennt war, in einen Mann des legendären Wasservolkes. Als ihr wütender Vater von dieser unnatürlichen Liaison hörte, verbot er ihr, ihren Geliebten zu sehen und das Dorf zu verlassen. Eines Nachts kam ihr Geliebter mit seinem Volk zur Klippe und rammte mit dem Kopf eines enormen Fisches ein klaffendes Loch hinein. Durch dieses Loch strömten sie singend und rufend ins Dorf; alle Dorfbewohner versteckten sich, außer der Jungfrau, die sich in die Arme ihres Geliebten stürzte. Man hörte nie wieder von ihr. Unter bestimmten Umständen schlagen die Wellen mit einem lauten Krachen gegen die Felsen und bei Stürmen tost das Loch. Die Stammesangehörigen glauben, dass es sich dabei um die singenden und rufenden Geräusche der Meeresbewohner handelt, daher der Name des Ortes „Loch des Klangs“.
Branle de Chevaux und Branle des Lavandiers
Der Branle ist ein altfranzösischer Gruppentanz, bei dem eine Reihe von Tänzern eine (oft kreisförmige) Kette bildet und die Füße seitwärts setzt.
Die Name Branle kommt von dem altfranzösischen Wort branler, das „wiegen“, „schwanken“ oder „schaukeln“ bedeutet.
Dieser Terminus erscheint erstmalig in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Quellen, die ein bestimmtes Bewegungsmotiv beschreiben, auch als Gattungsbegriff für eine bestimmte Choreographie von Tänzen.
Von älteren Tänzern wurde dabei mehr der Branle double und Branle simple verwendet, von den jung Verheirateten der Branle gay und von den Jüngsten der branle de Bourgogne. Aus den ersten vier hier aufgezählten Tänzen wurde im Regelfall eine Suite zur Eröffnung von Festen gebildet.
Es gab auch pantomimisch orientierte Branles, z.B. branle di lavandieres, branle des chevaux. Sie wurden für Feste oder Maskeraden geschrieben und gelangten teilweise zu einer solchen Beliebtheit, dass sie in die Gesellschaftstänze aufgenommen wurden.
Alta Trinita Beata
Das Werk ist eine kurze Lauda in italienischer Umgangssprache. Gesetzt wurde die Komposition für vierstimmige Chöre ohne Instrumentalbegleitung. Der Inhalt beschäftigt sich mit der Lobpreisung der Heiligen Dreifaltigkeit.
Die ursprünglich aus dem Italien des 15. Jahrhunderts stammende Komposition stammt von einem unbekannten Autor sowie anonymen Komponisten. Es handelt sich dabei um eine kurze vierstimmige Lauda, einen volkstümlichen Lobgesang in italienischer Umgangssprache. Der Inhalt ist eine Lobpreisung der Heiligen Dreifaltigkeit.
Nonsuch
Nonsuch – zu Deutsch „Nichts Vergleichbares“ – wurde nach dem Palast benannt, den Heinrich VIII im 16. Jahrhundert in Surrey an der Stelle des Dorfes Cuddington erbauen ließ, das dafür abgerissen wurde. Heinrich VIII ließ den Palast errichten zum einen, um sein dreißigjähriges Jubiläum als König und die Geburt seines lang erwarteten Sohnes Edward zu feiern, zum anderen wollte mit diesem Palast den schönsten der Welt schaffen, einen, wie ihn keiner sonst irgendwo finden konnte , eben etwas Unvergleichliches.
Auch diese Musik ist bei Playford zu finden.
Musikhistorische Forscher nehmen an, dass „Nonsuch“ von dem zwischen 1540 und 1560 aktiven franko-flämischen Komponisten Dyricke Gerarde, von dem weder die Geburts- noch die Sterbedaten bekannt sind, komponiert wurde. Allerdings ist sein Wirkungsort auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit gesichert. Da der größte Teil seines Werks sich in sechs Stimmbüchern aus dem Besitz von Lord John Lumley (1534–1609), der im Nonsuch Palace in Surrey residiert hat, befindet; deshalb folgerte die musikhistorische Forschung, dass der Komponist in dessen Diensten oder in den Diensten seines Schwiegervaters Henry FitzAlan, dem 12. Earl von Arundel (um 1511–1579/80) gestanden hat. Belegen lässt sich diese Annahme nicht, weil der Nonsuch Palace in den 1680er Jahren zerstört wurde und somit auch alle einschlägigen Dokumente untergegangen sind.
anitawolf.fd@web.de