• Verfasser: Traudi Schlitt
  • Themen: Thema: Presse
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Über die Schönheit der Erde und den Zufall des Seins

Harald Lesch referierte vor 300 Gästen über die „Blaue Perle“ bei den Alsfelder Kulturtagen

Dass die 300 Plätze in der Aula der Alsfelder Stadtschule schnell weg sein würden, war den Veranstaltern klar, als sie Prof. Dr. Harald Lesch erneut für einen Vortrag im Rahmen der Alsfelder Kulturtage gewinnen konnten. Traudi Schlitt vom Orga-Team freute sich sichtlich, den gebürtigen Nieder-Ohmener zu begrüßen, der schon im Vorfeld durch seine Offenheit und Unkompliziertheit beeindruckte. So war auch die Stimmung auf dem Gelände der Alsfelder Stadtschule geprägt von Wertschätzung, Vorfreude und auch Dankbarkeit für das Angebot, dass das Team des Vereins Alsfelder Kulturtage e.V. in diesen Tagen den Menschen in und um Alsfeld macht. Unterstützung hatten sich die Ehrenamtlichen beim klimafairein geholt, der für das leibliche Wohl zuständig war.

Schlitt nutzte in ihrer Anmoderation die Gelegenheit, sich zunächst bei den vielen Menschen und Unterstützern zu bedanken, die die Kulturtage ermöglichen. Neben den zahlreichen Ehrenamtlichen galt dieser Dank Techniker Benjamin Zielke, der Kulturinitiative Klosterquartier, der Evangelischen Kirchengemeinde, der Stadtschule, dem Verein Regenbogen, der Albert-Schweitzer-Schule, der Stadt Alsfeld, dem Baubetriebshof, der Buchhandlung Lesenswert und den Sponsoren.

Zu seinem Vortrag über die Schönheit und Schützenswürdigkeit des Planeten Erde hätten Harald Lesch Frauen inspiriert, so Traudi Schlitt: Zum einen die Autorin Samantha Harvey mit ihrem Buch „Umlaufbahnen“. Darin schweben sechs Astronauten in einer Raumstation durchs All und erleben auf sehr eindrückliche Art und Weise unter anderem die Schönheit der Erde. Zum anderen Cecilia Scorza-Lesch. Sie ist wie ihr Mann Astro-Physikerin und hat gemeinsam mit ihrer Kollegin Chrstine Freitag das Blaue Perle Programm für Grundschulen initiiert mit dem Ziel, das Interesse der Kinder an den Naturwissenschaften sowie ein globales Zusammengehörigkeitsgefühl und Verantwortung für ihre Mit-Welt zu fördern. Auch sie war an dem Abend in Alsfeld zugegen. Ihr Projekt unterstützt Harald Lesch auch mit einem Verzicht auf ein Honorar, das als Spende an die „Blaue Perle“ gehen wird.

Bevor Harald Lesch die Bühne betrat, nutzte Thorsten Riechel vom klimafairein die Gelegenheit und stellte seine Organisation vor: Gutgelaunt, generationenübergreifend und mit vielen guten Idee – noch dazu inspiriert von einem Lesch-Vortrag im Jahr 2019 – möchten die Mitglieder vor Ort sinnvolle Dinge tun, um dem Klimawandel entgegenzuwirken: Umweltbildung, Baumpflanzaktionen, CO2-Bilandzierungen gehören dazu.

„Es wird heute ein schöner Abend“, versprach Harald Lesch, als er seinen Vortrag eröffnete. Auch sein Dank galt allen Organisatoren und dem Publikum, das diesen Abend in entspannter und friedlicher Atmosphäre miteinander teilte. Der Redner brach eine Lanze für die Bedeutung von echten Begegnungen: Trotz Digitalisierung und KI bleibe der Mensch ein analoges Wesen, sagte der Astrophysiker, der zum „Digitalen Widerstand“ und zu mehr Miteinander aufrief.

Mit dem weltbekannten Bild, das die Besatzung der Apollo 8 im Jahr 1968 vom „Erdaufgang“ vom Mond auf die Erde schickte, begann der Astrophysiker seinen Ritt durch die Erdgeschichte. Sein Fazit nahm er vorweg: „Fast hätte dieser Abend nicht stattgefunden.“ Denn letztendlich – das wurde auch den größten Physikmuffeln an diesem Abend klar – waren es viele, viele Zufällen, die zueinanderfinden mussten, bis aus dem Planeten, der aus einer Explosion im All entstanden war, ein bewohnbarer Ort wurde. Mit genau der richtigen Temperatur, der passenden Wassermenge, der Oberfläche, auf der Tiere und Menschen sich ausbreiten konnten.

Lesch skizzierte die Erde als einen Planeten mit fantastischen Eigenschaften, hier pulsiere das Leben, hier tue sich etwas. Immer wieder ließ der Wissenschaftler auch durchblicken, was er von den Marsfantasien einzelner Multimilliardäre oder von der Schließung von Klimaforschungseinrichtungen seitens des US-Präsidenten denkt. Wie man Lesch aus seinen Fernsehsendungen kennt, tat er dies deutlich, und brillierte in seinem Vortrag mit Witz und seinem großen Talent, auch die schwierigsten physikalischen Ereignisse anschaulich darzustellen. So wurde dem Publikum bewusst, dass die Ur-Erde heiß und trocken war, dass es um ein Haar kein Wasser auf diesem Planeten gegeben hätte und damit auch kein Leben möglich gewesen wäre. Eine Art „kosmisches Zalando“ habe schließlich das Wasser geliefert und glücklicherweise sei auch der Abstand zur Sonne perfekt gewesen. Lesch präsentierte die Prämissen für Leben auf der Erde, das zeitlich doch nur einen geringen Teil seit dem Entstehen des Planeten ausmache. Der muntere Ritt durch dieses Zeiten streifte auch die Dinosaurier, deren Ära durch einen Meteoriteneinschlag zu Ende ging: Drei Sekunden früher oder später hätte sich dieses Ereignis gar nicht oder anders auf die Erde ausgewirkt – auch auf die Entstehung der Menschen und damit letztendlich auch auf die Veranstaltung, die dann gar nicht stattgefunden hätte. Immer wieder kam Harald Lesch auf die Zufälle oder die Wunder zu sprechen, die dazu geführt haben, dass die Erde nicht nur ein schöner, sondern auch ein stabiler Planet ist, der die Voraussetzungen für menschliches Leben verlässlich bietet. Gleichzeitig zeigte er anhand von Studien auf, dass der Klimawandel diese Stabilität empfindlich stört. Die Art und Weise, wie er all das miteinander verband, machte auch deutlich, wie wichtig wissenschaftliche Forschung sowohl zur Entstehung der Erde im Besonderen als auch der Vorgänge im Universum im Allgemeinen sind. Mit dabei hatte er zahlreiche Grafiken und atemberaubende Bilder aus dem All, die er den Zuschauern selbst voller Bewunderung für dieses Universum erklärte, bis er zufrieden feststellte: „Alles lief darauf hinaus, dass diese Veranstaltung heute stattfindet. Es geht um den Apollo-8-Moment“, rief der Redner seinen Zuhörern zu, die seinem einstündigen Vortrag atemlos gefolgt waren. „Wir fliegen ins All, um zurückzuschauen und uns klarzumachen, dass wir alle zu 92 Prozent nur Sternenstaub sind. Wir sitzen alle in einem Boot – und das ist alles, was wir haben.“

Die Menschen in der Aula der Stadtschule zeigten sich begeistert von dem Vortrag und nutzten fast noch eine Stunde lang die Gelegenheit, sich mit Harald Lesch und Cecilia Scorza-Lesch auszutauschen, Bücher signieren zu lassen und über die Welt im Allgemeinen und den Vogelsberg im Besonderen zu sprechen. Ein gelungener Abend, der nachwirken wird.

Wer sich über das Projekt „Die Blaue Perle“ informieren möchte, findet Informationen auf https://www.blaueperle-schule.com/.

Text: Traudi Schlitt, Bilder: Tanja Gremmel