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Dem unbegreiflichen Kopfkino der Existenz zuschauen

Der Alsfelder Iljá Pletner über seine Band Beides! und die Bedeutung von Poesie – Konzert mit Ausstellung am 27. Mai in der Villa Raab

Sie locken regelmäßig auch ausgewanderte Alsfelder zurück in die Heimat: Die Alsfelder Kulturtage haben sich das Wirken Alsfelder Künstlerinnen und Künstler auf die Fahnen geschrieben und immer wieder gelingt es dem Orga-Team, nicht nur diejenige vor Ort anzusprechen, sondern auch Künstlerinnen und Künstler, die in die Welt gegangen sind und doch gerne nach Alsfeld kommen. Iljá Pletner ist ein solcher Künstler. Aufgewachsen in Alsfeld, lebt er als Musiker und Schauspieler in Berlin. Am kommenden Freitag kommt er mit einer ganz besonderen Formation und einem außergewöhnlichen Programm in die Villa Raab. Wen er mitbringt, was sie vortragen und warm Jandl, Rilke und Co. immer noch etwas zu sagen haben erfuhren wir im Interview.

Lieber Iljà, du bist in Alsfeld kein Unbekannter, hast du hier doch deine Kindheit und Jugend verbracht. Seit wann bist du nun in Berlin und was tust du da?

Stimmt. Alsfeld ist meine deutsche Heimat. Die Idee zur Schauspielerei kam mir, als ich in der Albert-Schweitzer-Schule eine Theateraufführung der Oberstufe gesehen habe. Anfang der 2000er Jahre wurde ich an einer Schauspielschule genommen, deshalb zog ich nach Berlin. Ich verdiene mein Geld im Kindermusiktheater „ATZE“, kümmere mich um meinen Sohn und mache Musik. Sowohl für das Theater als auch in unserer Band.

Du warst schon des Öfteren mit Theaterauftritten auf kleinen, improvisierten Bühnen in Alsfeld zu Gast.Nun kommst du mit einer Band. Wer seid ihr und was präsentiert ihr anlässlich der Alsfelder Kulturtage?

Unsere Band heißt BEIDES und ist quasi in der Pandemie entstanden. Es gab plötzlich unglaublich viel Zeit und so haben Alex (Alexander Nieswand) und ich beschlossen was zu reißen. Ich kenne Alex schon ewig, wir haben zusammen das Theater „Eigenreich“ in Berlin mitaufgebaut und schon viel miteinander gespielt und unterschiedliche Projekte gemacht. Kurze Zeit später kam Tanja Watoro hinzu und nahm die Charango mit. Sie ist Schauspielerin wie ich und wir arbeiten auch im Theater sehr gerne miteinander. Und seit kurzem haben wir sogar noch einen Mitmusiker gefunden; Hannes Sattler ist von Beruf Arzt (gut wenn‘s beim Konzert emotionale Zusammenbrüche geben sollte) und unterstützt uns sehr gefühlvoll auf den Drums.

Ihr vertont Jandl, Kästner, Rilke – was können die eigentlich jungen Typen wie euch und noch jüngeren heute noch sagen?

Junge Typen? So jung sind wir nicht, aber unsere Musik ist es. Und viele Texte stammen bei uns auch von zeitgenössischen Dichtern. Außerdem, wenn man sich in die innere Welt begibt, vermischt sich die Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart. Wie ein Baum BEIDES ist, seine Wurzeln und die Blätter, die frisch austreiben. Der Blick auf die Dinge ist entscheidend, und der ist immer Gegenwart, mag es auch eine alte Geschichte sein, an die man sich erinnert. Wir leben jetzt, wir fühlen jetzt und wir singen jetzt. Wir schaffen einen Raum, in dem man dem unbegreiflichen Kopfkino unserer Existenz zuschauen kann, um zu begreifen, dass man es nicht begreift.

Darüber hinaus bringt ihr auch eigene Texte mit. Wer schreibt bei euch? Und könnt ihr einen thematischen Schwerpunkt nennen?

Alle schreiben… allerdings sind dieses Mal nur Texte von mir und Alexander Nieswand dabei. Es ist schwer, einen thematischen Schwerpunkt zu bestimmen. Sowohl die Diskrepanz als auch die Parallele zwischen Mensch und Natur ist Thema. Innere Zerrissenheit und die innere Gelassenheit in Anbetracht dessen. Die Zeit, in der wir leben, und dieses vage, unbestimmte Gefühl, das damit einhergeht. Seltsamerweise führt die Beschäftigung mit solchen Themen nicht dazu, dass wir schlechte Laune kriegen. Im Gegenteil… wenn man Dinge, die sonst im Verborgenen gären, ans Licht holt, kann das sehr erhellend und erheiternd sein. Man könnte vermutlich sagen, wir machen „Schwere Unterhaltung“.

Zum Konzert in der Villa Raab kommt aber nicht nur ihr drei, sondern ihr bringt auch noch Sofia Pimenta Francisco mit. Wie kam es dazu und wie passen ihre künstlerischen Werke zu eurer Musik?

Als ich ihre Werke sah, fühlte ich eine Verbindung. Ich habe mich in ihren Bildern wiedererkannt und wusste, dass unsere Musik und ihre Bilder Verwandte sind. Unsere Zusammenarbeit ist auf jeden Fall ein Experiment. Sofia hat sich von der Musik inspirieren lassen. Ich habe selbst noch nicht alle Bilder gesehen, die bei unserem Auftritt ausgestellt werden. Manche befinden sich noch in der Entstehung. Ich bin also genauso gespannt.

Auf was darf man sich also freuen, wenn man am kommenden Freitagabend euer Konzert in der Villa besucht?

Es wird Sturm geben und Eis, herbstliche Regenfälle und Sehnsucht, Sinnlosigkeit am Arbeitsplatz und Kindheitsträume und Musik bei der man sich zurücklehnen kann, um sich von all diesen Dingen verunsichern zu lassen.

Iljá Pletner tritt mit der Band Beides! am kommenden Freitag um 20 Uhr in der Villa Raab auf. Eintrittskarten dazu gibt es in der Buchhandlung Lesenswert.