Puppen

Alsfelder Fotograf Bodo Runte zeigt seine „Puppen“

Es ist eine kleine, sehr feine Ausstellung, die der Alsfelder Fotograf Bodo Runte anlässlich der 4. Alsfelder Kulturtage im Bistrinna in der Untergasse zeigt: Sieben Fotografien, Aufnahmen ganz besonderer Fundstücke in einer Stumpertenroder Scheune. Dort inspirierte den Künstler eine Reihe Schaufensterpuppen zu einer Fotoserie. Mehr oder weniger vollständig waren die gefunden Objekte, sodass die genaue Anzahl der auf den sieben Fotografien festgehaltenen Körper nicht final zu beziffern ist. Doch darum geht es auch nicht, vielmehr ist es der Bann, in denen die einst makellosen Gesichter ihren Betrachter ziehen.

Gutgelaunt schilderte Bodo Runte die Entdeckung seiner Puppen in Stumpertenrod. (Foto: Traudi Schlitt)

Nach ihrer langen Verbannung in der Scheune zeigen sich deutliche Spuren von Verfall, den die rurale Umgebung, verwittertes Holz, einfaches Stroh, noch unterstreicht. „Die Bilder Runtes vermitteln eine hintergründige Spannung zwischen Banalität, Groteske und Anspielungen auf Fantasien bezüglich der (meist weiblichen) Körper“, heißt es daher treffend im Vorwort zu dem schmalen, doch keineswegs kleinen Bildband, den Runte anlässlich der Ausstellung aufgelegt hat und aus dem zur Ausstellungseröffnung am Sonntag der in Alsfeld gut bekannte und hoch geschätzte Vorleser Helmut Hampel vortrug.

Helmut Hampel teilte seine einmalige Gabe des Vorlesens mit den Gästen der Vernissage. (Foto: Traudi Schlitt)

Die einzelnen Motive nämlich inspirierten den Lauterbacher Lyriker Martin Krauss zu Gedichten, treffsicher, zweideutig, tiefgründig und überraschend – ganz wie die Motive, mit denen sie zu einer perfekten Einheit verschmelzen. Soweit die Bilder und die Lyrik, die es von nun an bis zum kommenden Sonntag im Bistrinna zu sehen gibt. Zur Vernissage indes unterstrich eine weitere Kunstform Inhalte und Motive der Ausstellung: Der Gitarrist Joachim Rothe aus Homberg/Ohm steuerte kongeniale Gitarrenklänge bei – eine ganz wunderbare Mischung, die das schöne Bistro in der Untergasse so sicher noch nie erlebt hat.

Joachim Roth lieferte die Gitarrenklänge zur Vernissage und schuf damit ein mehr als passendes Umfeld. (Foto: Traudi Schlitt)

Dort kann man Fotografien und Gedichte noch bis zum kommenden Sonntag von 11 bis 14 und von 17 bis 20 Uhr anschauen.

„Eine sehr gelungenen Kombination von allem“, freute sich Kulturtage-Organisator Dr. Walter Windisch-Laube. (Foto: Traudi Schlitt)

Fotoserie von Bodo Runte mit Texten von Martin Krauss

Vernissage am 21. Mai um 14 Uhr

Im Jahr 2003 schlossen sich der in Alsfeld lebende Fotograf Bodo Runte und der in Lauterbach lebende Lyriker Martin Krauss zu einem Projekt ohne Titel zusammen.

Bodo Runte fotografierte digital auf dem Gelände eines Bauernhofes aufgefundene, dort abgestellte (teils bekleidete, teils unbekleidete) Schaufensterpuppen bzw. Teile von diesen und stellte hochwertige Ausdrucke auf Spezialpapier her.

Gemeinsam mit Martin Krauss wurde eine Auswahl von sieben Motiven getroffen, auf die Martin Krauss einen Lyrik-Zyklus verfasste.

Diese sieben Bild-Text-Kombinationen wurden im Druck herausgegeben und mehrfach öffentlich ausgestellt.

Die Bilder Runtes vermitteln eine hintergründige Spannung zwischen Banalität, Groteske und Anspielungen auf Phantasien bzgl. der (meist weiblichen) Körper. Spuren von Beschädigung und Verfall, die Umgebung zwischen Holzlatten und Strohballen sowie die ebenso unmittelbare wie intime bis voyeuristische Perspektive geben den Fotos Dynamik und vermitteln die Assoziation unerlaubter (oder zumindest ungeplanter, nicht vorgesehener) Einblicke. Die Starrheit der Puppenglieder und –gesichter wird durch das Bild, das im Grunde ja stets ein erstarrter Sekundenbruchteil ist, zunächst gesteigert, dadurch aber auch konterkariert und aufgehoben. Ausgerechnet die toten Figuren scheinen zu leben und damit den Raum für Phantasie und Assoziation zu eröffnen.

Krauss hat in seinen kurzen, lyrischen Texten versucht, das Lebendige in der Starre einzufangen und die im Bild dargestellten Situationen auszudeuten. In den knappen Gedichten erhalten die Puppen Charakter, Schicksal und Leidenschaft sowie eine spezielle Erotik. Der oben genannte Spannungszustand sowie die als unerlaubt beschriebene Perspektive entwickeln sich in der Imagination von Verruchtheit, Gefahr und Emotionen wie Trauer, Stolz, Witz und Angst.

Dem Betrachter und Leser erschließt sich somit schon durch das reine Werk, ohne Hintergrundinformationen zur Entstehung zu besitzen, gleichsam die Entwicklung von Phanstasie und Imagination überhaupt. Durch das vordergründig Karge von Text und Bild entwickelt er eigene Assoziationen oder ertappt sich bei voyeuristischen Gedanken. – Die meisten Betrachter und Leser reagierten mit einem teils wissenden, teils mit verschwörerischem oder irritiertem Lächeln.

Zur Vernissage trägt Helmut Hampel (Schwalmtal) die von Martin Krauss verfassten Texte vor. Musikalisch wird die Eröffnung von Joachim Rothe (Homberg/Ohm), Gitarre, begleitet.

Sonntag, 21. Mai, 14 Uhr, Bistrinna
Öffnungszeiten der Ausstellung:
Di. – Sa.: 11 bis 14 Uhr / 17 bis 20 Uhr / während der Kulturtage auch sonntags
Veranstalter: Bodo Runte und Inna Diebel
Eintritt frei

www.bodo-runte.de